Pilatus

Am Karfreitag stand Pilatus vor der Entscheidung seines Lebens

Pontius Pilatus unterzeichnete den Vollstreckungsbefehl für den Tod Christi. Sein unglückliches Gesicht schaut uns aus allen vier Evangelien entgegen. Seine Schändung der römischen Gerechtigkeit, sein Kompromiss mit seinem Gewissen, seine unglaubliche Entscheidung, den Sohn Gottes öffentlich zu entwürdigen und zu kreuzigen, stempelt Pilatus als rückgratlosen Schwächling und Feigling. Für immer verurteilt steht er vor den Schranken der Geschichte; für immer entehrt und entwürdigt für das, was er Jesus gegenüber tat. Und was war es, das er getan hat? Nun, er verweigerte Jesus eine gerechte Untersuchung; das ist alles – Millionen anderer haben das Gleiche getan bis zum heutigen Tag.

“Was soll ich denn machen mit Jesus, von dem gesagt wird er sei der Christus?”  rief Pilatus. Vor nicht allzu langer Zeit wunderte er sich noch, was Jesus mit ihm tun würde. Pilatus hatte eine gute Kenntnis von den Tatsachen die Jesus betrafen. Als römischer Statthalter wusste er ziemlich gut Bescheid über die Handlungen Jesu, seine Botschaft und seine Wunder. Das ganze Land war ja seinetwegen in Aufruhr geraten. Es wird uns berichtet: “Er wusste wohl, dass sie ihn aus Neid überliefert hatten.”

Er hatte aber nicht nur gute Kenntnisse über die Tatsachen, sondern er untersuchte auch persönlich die Ansprüche Christi. Natürlich tat er das nicht, weil er es von sich aus gewollt hätte. Viel lieber hätte er es vorgezogen, der ganzen Angelegenheit mit Jesus aus dem Weg zu gehen, doch die Umstände zwangen ihn zu einer Stellungsnahme. Er musste eine Untersuchung durchführen, und durch den Druck der Ereignisse war er gezwungen, zu entscheiden, was er mit Jesus tun würde.

Pilatus fürchtete die Ansprüche Christi
Für Pilatus konnte nach dieser Gegenüberstellung mit Jesus das Leben niemals mehr das Gleiche sein. Er hatte den entscheidenden Wendepunkt seines Lebens erreicht. Zum Besseren, oder zum Schlechteren musste Pilatus nun Jesus gegenübertreten. “Pilatus” lesen wir, “fürchtete sich noch mehr” (Joh. l9, 8). Er fürchtete die Ansprüche Christi; er fürchtete die Persönlichkeit Christi; er fürchtete die Entscheidung, die dieser Jesus von Nazareth seinem Leben abverlangte.

Er fürchtete den Einbruch Jesu in sein persönliches Leben. Die Historiker berichten uns, dass Pilatus ein ungehobelter, ziemlich taktloser und sehr eigensinniger Mensch war. Er liebte es, seine Ellbogen zu gebrauchen. Wenn er neben den heiligen, sanftmütigen, freundlichen, majestätischen, sündlosen Sohn Gottes gestellt wird, dann zeigt sich in der Tat seine traurige Figur. – Doch so geht es auch uns! Wer könnte sich auch nur für einen Augenblick mit ihm messen?

Pilatus blickte auf Jesus. Er sah einen Mann, der um Jahre älter aussah, als er tatsächlich war, einen Mann, dessen Gesicht durch die Marter und Folter so entstellt war, dass man es kaum wiedererkennen konnte. Jesus wurde durch die Tempelwache übel zugerichtet, gequält und geprügelt, eingeschüchtert und ausgepeitscht. Pilatus dachte, dass dieser Mann schwach und in seiner Gewalt wäre. “Weisst du nicht, dass ich Macht habe, dich zu kreuzigen?” verstieg er sich. Doch Pilatus irrte sich arg. “Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben her gegeben wäre”, war die sanftmütige Antwort Jesu. Trotz des gegenteiligen äusseren Erscheinens lag doch alle Macht letztlich in den Händen Jesus.

Es handelt sich um einen alltäglichen Irrtum. Mag sein, dass auch du diesen Fehler begangen hast. Vielleicht erscheint dir Jesus in den Annalen der Geschichte als eine bleiche und unwirkliche Figur, ein wenig beziehungslos zu unserem modernen Leben. Doch lass dich nicht täuschen. Dieser Mann ist Gottes ewiger Sohn.

Er ist Gott über alles, gepriesen in alle Ewigkeit. Er wird einmal das letzte Wort sprechen, nicht wir. Es dauerte nicht lange, bis Pilatus ungeschickte Versuche, Jesus einzuschüchtern, aufhörten, sein Bemühen, seine eigene Souveränität herauszustellen, schlug fehl. Er sieht sich immer wieder der zentralen Frage dieses Falles gegenübergestellt. Er muss diesen Menschen entweder KRÖNEN oder KREUZIGEN.

Vielleicht fürchtete Pilatus auch den Einbruch Jesu in sein privates Leben. Pilatus war verheiratet. Seine Frau Claudia Procula hatte königliches Blut in ihren Adern. Sie war eine Tochter des Kaisers Tiberius und die Enkelin des Kaisers Augustus. Als Pilatus auf dem Richterstuhl sass, erhielt er eine dringende Botschaft von seiner Frau: “Pilatus, nimm dich in acht! Dies ist ein gerechter Mann. Ich habe heute viel erlitten im Traum seinetwegen.” Sie war ganz ausser sich und befürchtete, dass ihr Mann in seiner Entscheidung über Christus einen Fehler begehen könnte. So musste Pilatus entdecken, dass Christus bereits in sein privates Leben eingedrungen war, ob er es wollte oder nicht.

Am meisten aber fürchtete Pilatus den Einbruch Jesu in sein öffentliches Leben. Er merkte bald, dass Jesus auch auf seine Amtstätigkeiten einwirkte, ja sogar auf seine Stellung in der Öffentlichkeit. Der zornige Ruf der Menge liess keinen Zweifel darüber aufkommen. “Lässt du diesen los”, schrien sie, „so bist du des Kaisers Freund nicht mehr!” – Jesus Christus oder Kaiser Tiberius? – Seine ganze Karriere stand auf dem Spiel. Würde er Jesus wählen, dann könnte er sich den Hass eines misstrauischen alten Tyrannen in Rom zuziehen. Pilatus wollte die Ansprüche Christi keinesfalls zurückweisen, er wollte sie aber auch nicht akzeptieren.

Pilatus versuchte den Ansprüchen Christi auszuweichen
So lange wie nur irgendwie möglich, schob Pilatus diese wichtige Entscheidung hinaus; doch die Kernfrage kam immer wieder auf ihn zu, bis er ihr schliesslich nicht mehr ausweichen konnte.

Pilatus versuchte, sich der Entscheidung zu entziehen
Er sandte Jesus zu Herodes, der an jenem Tag auch in Jerusalem war. Er hatte nämlich entdeckt, dass Jesus aus Galiläa stammte und schickte ihn deshalb freudigen Herzens zu diesem. “Das geht mich doch alles nichts an”, dachte er. “Überlass doch Herodes diese ganze Angelegenheit”. Aber so ging es nicht!  Gewiss, Herodes wurde dieser Angelegenheit gegenübergestellt. Jedermann wird! Bald darauf war Jesus aber wieder zurück und Pilatus sah ein, dass er dennoch eine persönliche Entscheidung zu treffen hatte.

Pilatus versuchte, die Entscheidung abzuweisen
“Ihr habt ein Gesetz”, sagte er zu den Juden. “Nehmt ihn und richtet ihn nach euren Gesetzen.” Mit anderen Worten: “Die Sache ist abgewiesen!” “Dies” sagte er, “ist in Wirklichkeit eine religiöse Angelegenheit, und ich bin nicht interessiert an religiösen Angelegenheiten.” Doch es nützte ihm nichts. Er entdeckte schon bald darauf, dass die Sache Jesus weit mehr war, als nur eine religiöse Frage. Es stellte sich nämlich heraus, dass sie das Allerwichtigste war, dem er sich jemals in seinem Leben gegenübergestellt sah; denn Jesus steht Seite an Seite mit jeder Entscheidung, sei sie nun moralischer, religiöser, sozialer, politischer, rechtlicher oder persönlicher Art. Seine Ansprüche auf unser Leben sind total und umfassen alles, was wir sind und haben. Wenn Jesus verhört wird, dann geht es auch um unsere Glaubens-Angelegenheiten und unsere innere Einstellung.

Pilatus versuchte, über die Entscheidung zu diskutieren
Er begann mit Jesus zu argumentieren. Er stellte ihm mehrere Fragen, erhielt aber keine Antwort. “Antwortest du nichts?” rief er an einer Stelle aus. Das Stillschweigen Jesus schien sein Gewissen wie eine Geissel zu peitschen. Doch, es gab nichts zu diskutieren. Pilatus wusste genau, worum es ging. Er hatte einfach zu entscheiden, ob er mit Jesus das Rechte tun würde oder nicht. Würde er sich mit der Welt gegen Jesus stellen, oder würde er sich mit Jesus gegen die Welt stellen? Es war alles so einfach! Jesus hatte ihm nichts zu sagen. Es lag an Pilatus sich zu entscheiden, genauso, wie jeder Mensch sich entscheiden muss.

Pilatus versuchte, von der Entscheidung abzulenken
Er tat es auf zweierlei Weise. Zuerst liess er Barabbas, einen bekannten Verbrecher rufen, und gab den Leuten die Wahl. “Wen soll ich euch losgeben”,  fragte er, “Jesus oder Barabbas?” Er hoffte, die Menschenmenge würde ihm zu Hilfe kommen und erkennen, dass es begehrenswerter sei, Jesus zu wählen und ihm dadurch die Sache leichter machen. Doch die Welt wählte Barabbas – das tut sie immer. Pilatus hatte allein zu entscheiden. Dann sagte er: “Ich will ihn züchtigen und losgeben”. Ihn züchtigen! Das dürfte die Menge zufriedenstellen, hoffte er und Jesus losgeben, das müsste auch Christus zufrieden stellen. Es war ein weiterer schrecklicher Irrtum, denn die Welt verlangte von Pilatus, den Sohn Gottes zu geisseln und ihn ausserdem noch zu töten.

Die Welt wird es dir niemals leicht machen, Jesus zu wählen. Sie wird sich nicht mit weniger zufrieden geben, als dass du Christus vollständig verwirfst. Und Christus wird sich nicht mit weniger zufrieden geben, als dass du ihn als den absoluten Herrn deines Lebens anerkennst.

Letztlich versuchte Pilatus die Entscheidung zu leugnen
Er verlangte nach Wasser und  wusch sich die Hände. “Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen und an dieser ganzen Geschichte, ich wasche meine Hände in Unschuld”, meinte er. “Nehmt ihr ihn und kreuzigt ihn. Mich geht das alles nichts an.” Mit diesem leeren Ritual versuchte er, sein Gewissen zu besänftigen und kreuzigte dann den Sohn Gottes. Doch welches Ritual auf dieser Erde könnte schon das Blut Christi von den Händen eines Menschen wegwaschen, der ihm das Thronrecht im Herzen verwehrt hat? Welches Ritual könnte schon einen Ausgleich schaffen für die Verwerfung des Gesalbten Gottes, des Heilandes der Welt? – ” Was soll ich denn machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?”

Pilatus musste sich den Ansprüchen Christi stellen
Pilatus musste seine endgültige Wahl treffen. Er konnte sie nicht länger aufschieben. Er musste sich stellen. Er musste sich entscheiden. Er kehrte sich um und kehrte Christus den Rücken zu. Er wandte sich von ihm ab und überlieferte ihn dem Kreuzestod.

Es war eine schreckliche Wahl. Sieben Jahre später wurden demselben Pilatus all seine Titel und Rechte entzogen – von demselben Kaiser, dem er einst zu gefallen versuchte. Er wurde in die einsame und schändliche Verbannung geschickt. – “Lässt du diesen los, so bist du des Kaisers Freund nicht mehr” heulte die Menge. Natürlich nicht! Er war niemandes Freund danach. Selbst die Geschichte verabscheut seinen Namen.

Ergeht es dir wie Pilatus? Fürchtest du dich davor, eine Entscheidung für Jesus zu fällen, weil du weisst, dass Jesus in die Sphären deines persönlichen, privaten und öffentlichen Lebens eindringen wird?

Ähnlich wie Pilatus steht jeder Mensch vor dieser Frage:

Was machst du mit Jesus?

Bibelstellen:   Joh. 18,28;   Joh. 19,16;   Matth. 27,22


Aus dem Original von:
„Menschen, die dem Herrn begegneten“
EMMAUS-Fernbibelschule    www.emmauskurse.ch

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